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Wieder lassen wir ein Atoll hinter uns. Mit der aufgehenden Sonne lichten wir in Kauehi den Anker und nehmen Kurs auf das dreißig Meilen entfernte Fakarava. Der Steuerbordmotor arbeitet. Fünf Knoten Ostwind sind zum Segeln zu wenig. Während der Überfahrt möchte ich die aktuellen Ereignisse zu einem neuen Homepagebericht zusammenfassen. Doch es wird nichts daraus. Wir fahren mitten durch einen Schwarm Vögel und fast gleichzeitig schlägt die Angel an. Ein respektabler Thunfisch hat sich an unserem Mini-Köderfisch verbissen. Lois nimmt das Gas zurück, ich stehe mit dem Netz bereit, ein Schluck Schnaps zur Beruhigung - für den Fisch natürlich - und schon bringen wir den dicken Brocken an Bord. 80 cm ist er lang und 10 kg schwer! Das bedeutet, wir sind beide für einige Zeit beschäftigt mit ausnehmen, filetieren und einkochen. Mein Bericht muss warten.

Bei der Ansteuerung des Ortes im Kauehi-Atoll fallen uns die Stelzenhäuschen auf den Korallenbänken ins Auge. Rundherum schwimmen zahlreiche Bojen. Auf Kauehi gibt es, wie fast überall auf den Tuamotus, die berühmten Perlenfarmen. Gerne hätten wir mehr über die Arbeit auf diesen Farmen erfahren, wissen aber nicht recht, wie wir das anstellen sollen. Am Montag Morgen fährt ein Motorboot mit mehreren Leuten dicht an uns vorbei hinaus zu einer dieser bunten Hütten. Nach kurzem Überlegen folgen wir ihnen mit dem Dingi. Wir haben Glück und treffen den Chef. Er betreibt seit zwei Jahren diese Farm und will morgen mit der Perlenernte beginnen. "Sicher könnt ihr zuschauen" meint er in gebrochenem Englisch. "Kein Problem!"
Freundlichst werden wir am nächsten Tag vom Chef, seiner Freundin und ihren beiden Brüdern begrüßt. In dem kleinen Familienbetrieb verfolgen wir interessiert die einzelnen Arbeitsabläufe. Die Austern werden aus dem Meer geholt, wo sie vor mehr als einem Jahr zu Bündeln aufgefädelt in einem Gitter ausgelegt wurden. Der Bewuchs an den Muscheln wird mit einem Beil abgeschabt, danach werden die Schalen ein kleines Stück geöffnet und mit einem Keil fixiert. Bis hierher erledigen die beiden Brüder die Arbeit, jetzt wird es spannend und Feingefühl ist gefragt. Die Schwester hat an einem speziellen Tisch mit hohem Blickschutz ihr "Chirurgenwerkzeug" ausgebreitet. Sie spannt die Muschel in eine Halterung, öffnet sie noch ein kleines Stück und untersucht den Innenraum. Die Auster soll dabei nicht verletzt werden. Ein zufriedenes Lächeln huscht über ihr konzentriertes Gesicht, wenn sie eine Perle ans Tageslicht befördert. Acht bis zwölf Millimeter sind diese begehrten Schmuckstücke groß und schillern von grün, gelb über rosa in allen möglichen Farben. Natürlich gibt es auch graue und schwarze Perlen. Den Wert bestimmt neben der Größe hauptsächlich die Makellosigkeit und der Glanz.
Nicht jede Muschel produziert eine Perle und viele Exemplare haben Unregelmäßigkeiten in Oberfläche und Form. Die "Nieten" werden aufgeschnitten und an die Fische verfüttert. Erfolgreichen Muscheln wird wieder ein weißes Kügelchen eingesetzt, das sie als Fremdkörper erkennen und bis zur nächsten Ernte mit einer möglichst dicken und glänzenden Schicht umgeben sollen.
Die schwierigste Aufgabe hat der Chef. Er steht gespannt neben seiner Freundin und hofft bei jeder Auster, die sie in ihre geschickten Hände nimmt, auf die perfekte, strahlende 12-mm Perle. Sechs Wochen wird es dauern, bis alle Muscheln geöffnet sind und er seine Perlen in Papeete verkaufen kann.
Als Revanche für den interessanten Vormittag laden wir unsere neuen Freunde zu Kaffee und Schokokuchen auf Felix ein. Sie kommen gerne, denn unser Boot ist für sie mindestens so sehenswert, wie für uns die Arbeit auf der Perlenfarm.

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