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Der Wind ist gut auf den 200 Meilen von Bawean nach Kumai. Tagsüber setzen wir den Parasailor, der nach der Reparatur in Darwin wieder gute Dienste leistet. Am Abend zeigt der Windmesser über zwanzig Knoten. Wir sind vorsichtig geworden und bergen das Segel lieber. Mit gereffter Genua fahren wir durch die Nacht. So verlangsamen wir das Tempo, um nicht vor Tagesanbruch in Landnähe von Kalimantan zu kommen. Die Fischfallen der Indonesier, Holz- oder Metallplattformen unter denen sich die Fische sammeln, sind nur mit einem Stecken markiert. In der Nacht sind sie auch bei Vollmond nicht zu erkennen und ein von Seglern gefürchtetes Hindernis.


Nach Mitternacht beginnt vor uns der Himmel zu glühen. Steuern wir auf eine Großstadt zu? Noch sind wir etwa 60 Meilen von unserem Ziel entfernt. Lois übernimmt um 1 Uhr die Wache. Die drei Stunden vergehen wie im Flug. So etwas hat er noch nicht erlebt. Ein Heer von grell erleuchteten Fischerbooten kommt auf ihn zu, immer mehr und mehr schieben sich über den Horizont. Ihre Fahrtrichtung ist oft schwer zu erkennen. Voll konzentriert steuert er Felix mitten durch. Einen solchen Großangriff wird leider kaum ein Fischlein überleben.
Nach fünfzehn Meilen im breiten Kumai Fluss gehen wir vor der gleichnamigen Stadt in Zentralkalimantan vor Anker. Erstaunlich viele Frachter liegen hier. Hinter den einfachen Häusern am Flussufer erheben sich hohe Betonbauten. In diesen sonderbaren Bunkern nisten tausende Schwalben. Ihre Nester werden als Delikatesse verkauft.
Noch am selben Abend klopft ein geschäftstüchtiger Herr ans Boot. "Wollt ihr zu den Orangutans? Ich mache einen guten Preis." Die "Menschen des Waldes" (Orang - Mensch, Utan - Wald) wollen wir unbedingt sehen, deshalb sind wir ja hergekommen. Aber im Dunkeln machen wir keine Geschäfte und außerdem sind wir müde. Am nächsten Vormittag kommt Mr. Bain und bietet uns eine Tour an. Er ist uns recht sympathisch. Der Kampf um die Kundschaft ist hart. Adi ist wenig begeistert, dass wir mit seinem Konkurrenten eine 3-Tages-Fahrt vereinbaren und versucht, Mr. Bain nachträglich noch schlecht zu machen.

Pünktlich um 8 Uhr werden wir mit dem Klotok abgeholt. Während unserer Abwesenheit hält ein junger Mann auf Felix Wache. Das offene Oberdeck dieses Holzbootes ist unser Bereich, darunter halten sich der Kapitän, ein Bootsjunge, eine Köchin und Joe, unser Guide, auf. Insgesamt stehen also fünf Personen zu unseren Diensten. Ganz schön fürstlich! Für diesen seltenen Luxus blättern wir zwar einen Millionenbetrag hin, aber zum Glück in Rupiah (100.000,- rp = 8,20 Euro). Zwischen Palmwedeln und Pandanus tuckern wir vier Stunden flussaufwärts. Das undurchsichtige, graue Wasser wird langsam braun-schwarz und klar. Joe versorgt uns mit aufschlussreichen Informationen über die Gefährdung des Regenwaldes durch die Palmölindustrie und die Verseuchung des Flusses mit Quecksilber durch die illegale Goldgewinnung. An der indonesischen Regierung lässt er kein gutes Haar. Sie kassiert das Eintrittsgeld für den Tanjung Puting Nationalpark, schert sich aber nicht um die Umwelt.
Von unserem luftigen Ausguck genießen wir trotzdem die Fahrt und lassen uns das köstliche Mittagessen schmecken, bevor wir mit Joe zum Camp Leakey marschieren. Dr. Biruté Galdikas aus Kanada hat 1971 das Lager gegründet, um das Leben der Orangutans zu studieren und verwaiste oder bedrohte Menschenaffen zu betreuen. Die Tiere sollen wieder das Leben in der Wildnis lernen, finden aber das Angebot der täglichen Fütterung recht verlockend. Es raschelt in den Baumkronen. Rundherum schwingen sich die geschickten Kletterer von Baum zu Baum auf die Holzplattform zu, wo Berge von Bananen auf sie warten. Nach einer strengen Rangordnung stopft sich einer nach dem anderen gierig das Maul voll, nimmt noch was er tragen kann in eine Hand, klettert wieder in luftige Höhen und verspeist genüsslich seine Mahlzeit. Fast an jedes Weibchen klammert sich ein herziges Baby, das ebenfalls versucht, eine leckere Banane zu ergattern. Für die zahlreichen Besucher ist die Fütterung eine gute Chance, diese interessanten Geschöpfe hautnah zu beobachten. Den regelmäßigen tropischen Wolkenbruch am Nachmittag nehmen alle gelassen hin.
Von seiner Zeit als Ranger kennt Joe viele Orangutans in Camp Leakey mit Namen. Er kann sie am Körperbau und an ihrem Charakter unterscheiden. Princess ist sein Liebling. Die zutrauliche Affendame ist über vierzig Jahre alt, hat fünf Kinder und einige Enkel. Stolz führt uns Joe vor, welche Kunststücke Princess kann. Sie verständigt sich mit Zeichensprache und bläst sein Feuerzeug aus, wenn er "Happy Birthday" singt. Schließlich umklammert sie mit festem Griff meinen Arm, hängt sich mit der zweiten Hand bei einem jungen Spanier ein und lässt sich von uns tragen.

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