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Nach einer flotten Nachtfahrt durch die Bligh Water zwischen Vanua Levu und Viti Levu geht der Vollmond über der Yasawa-Gruppe im Westen unter. Fast gleichzeitig blinzelt die Sonne hervor. Wir navigieren vorsichtig durch die nördliche Passage und steuern am Montag Morgen unseren Ankerplatz an. Genau so haben wir uns Fidschi eigentlich vorgestellt. Die langgezogenen, hügeligen Inseln bekommen relativ wenig Regen ab. Geschützt vor dem zunehmenden Südostwind liegen wir in türkisblauem Wasser. Hinter einem blendend weißen Sandstrand mit wehenden Kokospalmen verstecken sich einige Häuser.


Bei einem guten Frühstück lassen wir das traumhafte Panorama wirken und begeben uns langsam an Land zum Sevusevu. Seltsamerweise werden wir gleich bei einem der ersten Häuser aufgefordert, uns niederzulassen. Ein junger Mann nimmt unser Kavabündel in Empfang mit den üblichen beschwörenden und tiefsinnigen Worten. Seine Mama will uns Muscheln und Schneckenhäuser verkaufen. Nein danke, die schauen wir uns lieber im Meer an. Dem Chief begegnen wir erst später beim Spaziergang durchs Dorf. Er bedankt sich für unser Geschenk, heißt uns willkommen und klärt uns darüber auf, wie wir uns zu kleiden und zu benehmen haben. Natürlich bedecken wir sittsam unsere Knie und Ziegen werden wir auch keine schießen. Warum es aber unhöflich sein soll, im Dorf einen Hut aufzusetzen, verstehen wir nicht.
Ein Generator sorgt für Strom in Yasawa-i-rara. Der Chief hat eine Bitte. Seit einigen Tagen ist es finster im Ort. Wenn wir vielleicht zwanzig Liter Diesel übrig hätten, würde der Generator wieder einige Stunden laufen. "Ist gut, morgen bringen wir einen Kanister voll mit." Gleich heute wäre noch besser, meint er. Alle Handys sind leer und seine Frau will Wäsche waschen. Ist doch recht praktisch, wenn manchmal Segler vorbeikommen. Wir sind dafür aber am nächsten Tag zum Lunch eingeladen.

Am Vormittag betreten wir die Küche von Asaeli und Wenny. In Fidschi versteht man darunter eine eigene Hütte aus Wellblech mit offener Feuerstelle. Am Boden liegt eine aus Pandanusblättern geflochtene Matte und der Chief hat sogar einen etwa 20 cm hohen Tisch. In einfachen Schränken und Stellagen sind Töpfe, Teller und Kochutensilien untergebracht. Rundherum herrscht ein buntes Durcheinander. Ich setze mich zu Wenny auf die Matte, schäle Bananen und drücke geraspelte Kokosnüsse aus. Es gibt Kochbananen in Kokosmilch mit Kassawa. Lois muss inzwischen mit einer Herrenrunde Kava trinken. Zu Mittag lagern wir uns im Schneidersitz um die Tafel. Der Hausherr spricht das Tischgebet und alle greifen mit den Fingern zu. Besteck ist nicht üblich. Nach dem leckeren Mahl waschen wir uns die Hände in einer kleinen Schüssel und trinken noch ein Häferl Schwarztee mit frischen Zitronenblättern.
Für Donnerstag ist ein großes Fest geplant. Chief Asaeli wird Taro pflanzen, einige Männer aus dem Dorf helfen ihm dabei. Danach wird gefeiert. Auch wir sind dazu eingeladen. Am Vorabend durchsuchen wir mit unserer Gastgeberin trockene Bachläufe nach Landkrabben. Wenny stöbert die Tiere im hellen Schein unserer Taschenlampe auf und packt sie mit festem Griff, um den starken Zangen zu entgehen. Schwungvoll landen sie im großen Sack, den Lois bereithält. Ich trotte mit einer schwachen Lampe hinterher durchs unwegsame Gelände. Bald ist der Sack gefüllt mit den angeblich leckeren Krabbeltieren.
Am Vormittag bereiten die Frauen auf der Wiese vor dem Haus das Festessen vor. Unter geselligem Plaudern werden Fische und unsere Krabben geputzt, grüne Papayas geschält und Kokosnüsse geraspelt. Wir schlendern zum Nachbarhaus zu Asaelis Nichte Sarah. Gastfreundlich bittet sie uns herein und bewirtet uns mit gebratenem Hornhecht und frisch gegartem Kassawa aus dem Erdofen. Die junge Frau wird bald mit ihrem Mann und den drei kleinen Mädchen in ihr neues Bure umziehen. Zuvor muss sie aber noch nach Lautoka aufs "Mainland" fahren und Geschirr, Bettwäsche und Vorhänge einkaufen, was für die Menschen der Yasawas eine umständliche Reise von mehreren Tagen bedeutet.
An der Festtafel, die auf einem langen Tuch am Boden angerichtet ist, lassen sich zuerst die Männer nieder. Für mich wird eine Ausnahme gemacht. Der korpulente Herr neben uns knackt mit den Zähnen die Scheren der Krabben auf und hilft auch uns, an das zarte Fleisch ranzukommen. Schmeckt echt gut! Erst später wird er uns als Pastor vorgestellt. Wir versprechen, am Sonntag in seine Kirche zu kommen, wenn wir noch da sind.

Die schlichte Küche unserer Gastfamilie ist uns nach einigen Tagen schon recht vertraut. Wir fühlen uns in eine Welt hineinversetzt, die wir bisher nur durch den Türspalt gesehen haben. Der Tisch ist mit frischen, nahrhaften Speisen immer gut gedeckt. Auf Felix findet sich dazu noch dies und das, was die Hausfrau gut gebrauchen kann. Wir werden aber nach und nach auch mit diversen Problemen konfrontiert. Die sechsjährige Tochter Dinah muss jeden Tag zehn Kilometer zur Schule gehen. Im Nachbarort gibt es ein Auto, das die Kinder bisher abgeholt hat. Leider sind die Reifen platt und auch für Service fehlt sowohl das Geld als auch die Möglichkeit. Chief Asaeli tritt mit ernster Miene an uns heran. Yasawa-i-rara braucht ein eigenes Auto und dafür sollen wir bei der EU ansuchen. Ich versuche, ihm meine Zweifel am Erfolg zu erklären, aber er vertraut voll und ganz darauf. Lois hat immerhin Wennys Gasherd repariert und seine Taschenlampe zum Leuchten gebracht. Da werden wir doch auch ein Auto beschaffen können.

Das Dorf hat 200 Einwohner. Für eine Schule reicht es nicht aber für zwei große Kirchen. Den Sonntag Vormittag verbringen wir bei den Methodisten und lassen ewig lange, entfesselte Predigten über uns ergehen, unterbrochen von musikalisch hochwertigen Gesängen. Zum Lunch werden wir von Wenny mit frischem Fisch in Kokos- und Soyasauce verwöhnt. Mit unserer Harpune sind Lois und Asaeli am Samstag losgezogen und haben guten Fang heimgebracht. "Du bleibst bei den Frauen und kannst Wäsche waschen." Diese Anweisung vom Chief fasse ich als Scherz auf, aber kurz darauf sitze ich vor einer Waschschüssel und schrubbe mit Bürste und Seife seine Hemden und Sulus. Welche Ehre...! Zur Nachmittagsmesse besuchen wir die "Assembly of God". Versprochen ist versprochen. Skeptisch und verwundert beobachten wir die Szene. Bei den Predigten und melodischen Liedern fällt die Menge in Trance. Mit erhobenen Händen wird durcheinander gejubelt, auch die junge Sarah ist ganz aufgelöst. Wenny, Sarah und noch mehrere Frauen und Männer gehen nach vor und liefern unter Lobpreisungen ein Kuvert ab. Wenn da nur nicht das Geld drinnen ist, das wir Wenny für eine Matte bezahlt haben und das ich Sarah gegeben habe für ihre Einkäufe. Später erfahren wir, von allen Einkünften einer Woche werden am Sonntag zehn Prozent an die Kirche abgegeben.

Am Montag segeln wir weiter. Ein letztes Mal sitzen wir in der Küche, wo das Feuer nie ausgeht und sich der Rauch in Kleidern und Haaren verfängt. Zur Erinnerung haben wir Fotos ausgedruckt vom Besuch der Familie auf Felix und von Sarah mit ihrer süßen kleinen Tochter. Die beiden beschenken mich mit Ketten und einer Conch-Schnecke. Schweren Herzens verabschieden wir uns nach einer Woche von unseren guten Freunden.

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