9. Oktober 08, Ein Monat "on the hard"
Bei Calypso Canvas lassen wir uns neue Polster fürs Cockpit anfertigen. Gestern gleich nach dem Mittagessen sollte jemand kommen und die Rückenkissen anpassen. Um 16 Uhr gehe ich nachfragen. Sie arbeiten gerade auf einem anderen Boot und kommen später noch oder morgen gleich in der Früh, meint die Bürodame. Heute stehe ich um 10 Uhr wieder im Geschäft. Für Nachmittag um 14Uhr30 bekomme ich die nächste Zusage. "Aber bitte sicher", nehme ich dem Arbeiter mit einem freundlichen Lächeln das Versprechen ab. Wir werden sehen...
Barrow Sail hat Groß und Genua nachgenäht, war schnell erledigt. Das neue "Stack Pack", die Tasche, in die das Großsegel beim Niederholen reinfällt, dauert schon etwas länger und für die Änderungen am Bimini werden wir immer wieder vertröstet.
So vergeht ein Tag um den anderen. Mittlerweile herrscht bereits reges Treiben am Gelände bei Peake`s. Die Hurricane-Zeit geht langsam zu Ende und alle Segler wollen ihre Boote flott machen für die neue Saison. Logischerweise haben die Firmen in Chaguaramas alle Hände voll zu tun. Aber auch wir wollen bald ins Wasser und wären dankbar, wenn die Terminzusagen wenigstens manchmal halten würden.
Jesse James kümmert sich mit seinem Maxitaxi-Unternhemen "Members Only" um die Yachties in Trinidad. Anfang dieser Woche machen wir mit ihm, gemeinsam mit sechs anderen Seglern, eine entspannende 2-Tagestour. Lärm, Gestank und Hitze in der Marina tauschen wir gegen einen traumhaften Ausblick über das Tal von Arima von der Veranda des 100-jährigen Gutshauses des "Asa Wright Nature Center". Wie in einer anderen Welt beobachten wir bei einer Tasse Kaffee die unzähligen bunten Vogelarten, die sich unterhalb der Veranda um ihr Futter streiten, das hier täglich auf sie wartet. Das ehrwürdige Anwesen liegt in den Bergen im Norden von Trinidad, umgeben von üppigem Regenwald. Das Zentrum wurde gegründet, um die Pflanzen-, Tier- und Vogelwelt dieses Tales zu schützen, damit sich auch künftige Generationen noch daran erfreuen können.
Stundenlang könnte ich hier sitzen. Frische Luft und Vogelgezwitscher, nette Guides, die mit Begeisterung bei der Arbeit sind und dazu noch beste Verpflegung, was will man mehr? Eine Ruhe geht von dem Tal aus, die ich in er Marina lange vermisst habe. Am nächsten Tag lernen wir beim "Morning walk" viele seltene Pflanzen- und Vogelarten kennen, lauschen dem schnalzenden Ruf des "Bellbirds" und staunen über die perfekte Organisation und die riesigen, bis zu 15 Jahre alten Bauten der "Leaf Cutter" Ameisen.
Jesse holt uns am frühen Nachmittag mit seinem Kleinbus ab. Auf der Fahrt zum "Caroni Swamp" überschüttet er uns mit einem reichen Schatz aus Geschichten und Hintergrundwissen über Land und Leute seiner Heimat. Er ist ein echtes Original und ein Organisationstalent. Wer sonst kann gleichzeitig lenken, telefonieren, Eis essen und Geschichten erzählen.
Die Fahrt mit dem flachen Holzboot durch das Sumpfgebiet im Süden von Port of Spain führt uns zu den Nistplätzen des "Scarlet Ibis", des Nationalvogels von Trinidad. In beeindruckenden Formationen schweben diese grellroten Vögel in der Abendsonne über unsere Köpfe hinweg, um sich wie Blüten in den Mangroven niederzulassen. Die Fotoapparate klicken wie verrückt, leider ist das Licht schon etwas schwach.
Der Marina-Alltag hat uns wieder. Wir machen jetzt aber noch mehr Druck, um endlich von hier wegzukommen. Es gibt schönere Plätze!