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Der Abschnitt von Richards Bay bis Cape Agulhas liegt mir etwas im Magen. Zu viele Geschichten von Monsterwellen und Strömungen machen die Runde. Trotzdem bin ich gar nicht wehmütig, als wir am Samstag Abend die Leinen los machen und nach acht Wochen endlich die Tuzi Gazi Marina hinter uns lassen. Das Wetterfenster für die kommenden Tage sollte gut sein.

Schön ist es hier nicht unbedingt. Jeden Tag ist das Cockpit schwarz von Kohlestaub. Richards Bay ist einer der größten Kohleverladehäfen des Landes. Die neue Bar gegenüber der Marina beschallt uns mit Musik bis in die frühen Morgenstunden. Die Stadt hat keinen Charakter - nur verstreute Siedlungen hinter hohen Mauern mit Elektrozaun und einem großen Einkaufszentrum. Naja, und der Zustand der Marina wird auch nicht besser. Trotzdem sind wir immer noch da, weil es ein guter Platz ist, um das Boot in Ordnung zu bringen. Der Steuerbordmotor hat gestreikt und ist mit Ersatzteilen aus Kapstadt wieder repariert und auch unser Großsegel ist genäht und gecheckt. Die Bordvorräte sind aufgefüllt, die Supermärkte lassen keine Wünsche offen.

Nein, wir haben keine Leoparden gesehen und Löwen nur einmal ziemlich weit weg.
Ja, es war ein großartiges Erlebnis! So viele Tiere in der freien Natur, unglaublich!

Wir haben nur eine vage Vorstellung vom Begriff SAFARI. Zusammen mit Thomas, Sonja und Keanu beladen wir unser Leihauto bis obenhin und fahren von Richardsbay über Mtubatuba etwa 2 Stunden nach Norden. Unser Häuschen im Hilltop Resort können wir erst am Nachmittag beziehen, drum passieren wir erst gegen 4 Uhr das Gate zum Hluhluwe (gespr.: Schluschluwe) Game Reserve.

....mit Internet geht´s leichter...

Auf den letzten 50 Meilen haben wir endlich die lang erwartete Strömung mit uns und machen mit Wind aus Nordwest bis zu 9 Knoten Fahrt über Grund. Herrlich! Schon am Samstag Mittag rufe ich über Funk Richards Bay Port Control, und ersuche um Erlaubnis zur Einfahrt in den Hafen. Erleichtert machen wir kurz darauf in der Tuzi Gazi Marina fest. Pakia tea ist 45 Meilen hinter uns, sollte also bis zum Abend ebenfalls ankommen.

Fast vier Tage ankern wir vor Inhambane, wo wir Schutz vor dem Südwind erwartet haetten. Tatsächlich tanzen Felix und Pakia tea Rock´n Roll, sodass wir nach einer ziemlich schlaflosen Nacht unser Glück etwas weiter weg von Land versuchen. Der seitliche Schwell bleibt, aber die Wellen sind nicht mehr so steil. Wir können nicht einmal an Land gehen, weil die Brandung am Strand zum Anlanden mit dem Dingi viel zu stark ist. Auch von Bord finden wir aber die Palmenküste mit den Resorts am ewig langen Sandstrand recht unterhaltsam und vertreiben uns die Zeit abwechselnd auf unseren beiden Booten mit Kaffeetratsch, am Staatsfeiertag ganz patriotisch mit Kärntner Reindling aus der Pakia tea Bordküche. Viel Zeit verbringen wir mit Keanu und langen Diskussionen über die Wetterentwicklung. Einmal entdecken wir sogar Buckelwale am Horizont, die immer wieder auftauchen und mit der Brustflosse winken. Kein Grund zur Klage also.
Am Mittwoch Abend, 28. Oktober, nehmen wir die 360 Meilen bis zum nächsten großen Zwischenstopp in Südafrika in Angriff. Wie angekündigt ist der Wind eher schwach und wechselhaft, was stundenlanges Motorsegeln bedeutet - gar nicht nach unserem Geschmack. Nach einem kräftigen Gewitter mit Regen um fünf Uhr in der Früh ist der Himmel heute grau in grau. Am Samstag oder spätestens am Sonntag sollten wir Richardsbay erreichen, bevor der Wind wieder zunimmt und auf Süd dreht.

Sand, Sand und nochmal Sand - Sandstrand, Dünen, Sandbänke, klares Wasser in allen Schattierungen von türkis bis dunkelblau. Fischer fahren mit Segelbooten jeden Morgen hinaus und legen ihre Netze aus. In einfachen Rundhütten am Strand und weiter im Inneren der Insel leben Familien mit vielen Kindern. Wir fahren an Land und sind gleich umringt von Kindern und Erwachsenen. Mit einigen können wir uns auf Englisch unterhalten, mit den einheimischen Sprachen und Portugiesisch haben wir Probleme. Frische Früchte und Gemüse hätten wir gerne, gibt es aber nicht. Im kleinen Geschäft kaufen wir ein paar Kartoffel, was außer Zwiebel das einzig Frische im spärlichen Sortiment ist.

Das Anker-Sundown-Bier schmeckt wunderbar. Im Westen der Insel Bazaruto liegen wir geschützt vor dem frischen Südostwind neben Pakia tea. An Land sehen wir einen endlos langen Sandstrand, Dünen, Gebüsch und einige Hütten und Häuser. Kinder spielen am Wasser, einige Leute gehen spazieren. Ein neuer Kontinent liegt vor uns - Afrika... Morgen werden wir uns auf der Insel die Füße vertreten. Nach der Überfahrt genießen wir erstmal die Ruhe an Bord und freuen uns auf eine ungestörte Nacht.

Noch 150 Meilen bis Bazaruto - Inhambane haben wir verworfen, der Wind ist zu südlich. Die vergangene Nacht und der Vormittag waren wie ein Ritt auf einem störrischen Pferd. Bei Windstärken von 15 bis 20 Knoten machen wir kaum Fahrt, da sich wieder eine Gegenströmung mit bis zu drei Knoten bildet. Den fehlenden Schlaf durch die Bocksprünge von Felix versuchen wir am Tag nachzuholen. Auch aus dem weichgekochten Ei zum Sonntagsfrühstück wird nichts, es würde aus dem Becher rollen. Wenigstens scheint aber die Sonne und die Temperaturen sind sehr angenehm. Die 3 auf Pakia tea sind uns schon 40 Meilen voraus. Seit zwei Wochen hat nämlich unser Groß im unteren Teil einen langen Riss, daher haben wir das Segel beim ersten Reff fix eingebunden und sind etwas langsamer. Im Moment haben sich die Bedingungen gebessert, wir machen erfreuliche 7 Knoten über Grund. Vielleicht erreichen wir unseren Ankerplatz bis morgen Nachmittag.

Der Wind hat bereits wie vorhergesagt auf südliche Richtung gedreht. Mit 15 Knoten aus Süd-Süd-Ost müssen wir hart am Wind gegen die Wellen segeln. Mit dem ruhigen Dahingleiten ist es also vorbei. Trotzdem sind wir froh, dass die Windstärke deutlich unter der Voraussage liegt. Die Strömung hat abgenommen, aber immer noch nicht gedreht. Unsere Etmale fallen mit durchschnittlich 120 Meilen daher sehr dürftig aus. Beim Nachmittagskaffe entdecke ich heute eine dunkle Wolkenwand im Westen, aus der sich eine markante Linie abzeichnet und an der Wasseroberfläche einen Wirbel erzeugt. Ein Tornado! Mit besorgter Mine beobachten wir dieses Phänomen, das zum Glück nicht in unsere Richtung wandert und sich schließlich auflöst. Danke!
Am Montag wollen wir in Bazaruto auf Mozambique sein und einen Zwischenstopp machen - oder, falls es die Windrichtung erlaubt, noch 100 Meilen weitersegeln bis Inhambane. Wie auch immer, einmal wieder durchschlafen wäre schon super.

Entlang der Nordwestküste von Madagaskar ankern wir in einigen geschützten Buchten. Sicherlich ist das zu wenig, um diese riesige Insel wirklich kennenzulernen, doch sind wir beeindruckt von der vielfältigen Natur und den freundlichen, sehr armen Menschen. In der Maramba Bay sehen wir unsere ersten Baobabs - gewaltige Bäume, die ausschauen, als wären sie verkehrt eingesetzt mit Formen, die gar nicht unseren gewohnten Vorstellungen eines Baumes entsprechen. Im dichten Gebüsch der kleinen Inseln entdecken wir Lemuren, eine in Madagaskar heimische Affenart. Diese braunweißen Gesellen springen mit ihren langen Beinen meterweit von einem Baum zum nächsten und hüpfen aufrecht am Boden mit hoch erhobenen Vorderbeinen.
Bevor wir aufbrechen Richtung Afrika, verbringen wir noch einen Tag in der Baly Bay, wo wir vorsichtig zwischen Sandbänken unseren Ankerplatz ansteuern. Fuer die Bewohner des kleinen Dorfes sind wir gemeinsam mit Pakia tea natürlich eine unübersehbare Attraktion. Ein Mann rudert mit seiner kleinen Tochter im Auslegerkanu zu uns heraus, bringt uns Kokosnüsse und Eier und freut sich über Angelhaken, T-Shirts und Sonnenbrillen. Kurz darauf kommt er nochmal mit Bananen, die der Kapitän so dringend für sein Früstücksmüsli braucht. Am Nachmittag fahren wir gemeinsam mit Tom, Sonja und Keanu an Land, wo wir sofort von einer neugierigen Kinderschar umringt sind. Keanu zieht mit seiner hellen Haut und den blonden Haaren viele Blicke auf sich. Ein netter Mann mit Brille, offensichtlich das Dorfoberhaupt, zeigt uns stolz einen uralten, stämmigen Baobab, der den Kindern als Kletterbaum dient und führt uns vorbei an einfachen mit Palmwedeln gedeckten Holzhütten zur Schule. Zwei junge Lehrerinnen bitten uns hinein, mit meinem bescheidenen Französisch versuche ich mich mit ihnen zu verständigen. Wir bedanken uns höflich und machen uns auf den Rückweg. Da winken sie mich nochmals zu sich und fragen etwas verlegen, ob wir nicht vielleicht Hefte oder Stifte an Bord haben. Die Kinder hier sind sehr arm, sagen sie, was wir auch selbst feststellen können. Wir suchen zusammen, was wir an Schreibmaterial am Boot haben und Sonja gibt ihnen noch zusätzlich Geld. Mit großen Augen fallen sie uns voll Freude um den Hals und bedanken sich vielmals.
Es wird Zeit für die Überfahrt nach Afrika. Intensiv besprechen wir die Wetterlage. Ein Tief mit Südwind ist in vier Tagen angesagt, davor wären allerdings die Bedingungen optimal. Wenn wir noch heute Abend, also am 13. Oktober lossegeln, könnten wir die 700 Meilen bis Bazaruto Bay an der Küste von Mozambique schaffen und dort auf das nächste Wetterfenster warten, um weiter nach Richards Bay in Südafrika zu segeln. Die Entscheidung ist nicht leicht, schließlich lichten wir in mondloser, stockdunkler Nacht den Anker und ziehen los.
Zwei Tage sind wir nun auf See bei wechselnden Bedingungen. Tag eins ist sehr erfreulich - guter Wind von achtern oder leicht von steuerbord und mitlaufende Strömung. Wir kommen schneller voran, als geplant. Doch vergangene Nacht dreht die Strömung und der Wind verläßt uns. Mit ein bis zwei Knoten Fahrt über Grund schleichen wir unter Motor dahin, um nicht rückwärts zu driften. Am Morgen kommt zwar wieder schöner Segelwind aus Nordost auf, doch die starke Gegenströmung mit bis zu drei Knoten bleibt uns erhalten. Bazaruto werden wir nicht rechtzeitig erreichen, Tom und Lois beraten am Funk über eine Alternative.

Das ruhige Wetter wäre ideal gewesen für unseren abgelegenen Ankerplatz auf Glorioso. Erst in einigen Tagen soll der Wind wieder auffrischen. Zur Abwechslung gefällt uns aber auch das langsame Dahintuckern. Meistens brummt der Motor, manchmal kommt ein leichtes Lüftchen auf und lässt uns mit 3 bis 4 Knoten segeln. Wir sitzen im Cockpit, genießen ein fangfrisches Tunasteak mit Curry und Reis. Um uns nur tiefblaues Meer, das sich wie ein Teppich leicht hebt und senkt. Da sehe ich im Augenwinkel etwas Schwarzes. Mehrere Rückenflossen zeigen sich, tauchen gemächlich auf und verschwinden wieder. Eine Gruppe Delphine ist anscheinend ebenfalls gerade beim Mittagmahl. Noch 100 Meilen liegen vor uns bis zum nächsten Ankerplatz an der Westküste von Madagaskar. Morgen Nachmittag werden wir ankommen, haben aber keine Eile.

112 Tunasteak fangfrisch

113 Delphine

Die Gribfiles sind wieder einmal nur als Durchschnittswert zu interpretieren. Aus den vorausgesagten 20 bis 25 Knoten werden forsche 35 Knoten Ostwind, die uns mit ansehnlichen Wellen recht flott Richtung Westen blasen zu den 100 Meilen entfernten Glorioso Inseln. Noch vor dem Frühstück fällt am Freitag Morgen der Anker in glasklarem, türkisblauem Wasser. Unzählige Vögel umschwirren Felix und Pakia tea und beäugen neugierig die Fremdlinge. Ile du Lys, die kleinere der beiden Inseln verströmt intensiven Geruch nach Vogelkot und dient tausenden von Noddies und Seeschwalben als Nistplatz. Lautstarkes Geschnatter und Gekrächze liegt in der Luft.

Im Gegensatz zu dem bekannten Seemannslied geht es uns wunderbar. Seit 5 Tagen ankern wir im Schutz der kleinen Felsinsel Nosy Hara im Nordwesten von Madagaskar. Die 700 Seemeilen von Mauritius haben wir recht gut erwischt mit meist achterlichen Winden um die zwanzig Knoten, gerade recht für unseren kleinen Spinnaker. Vor Kap d´Ambre, der Nordspitze von Madagaskar, frischt der Wind auf. Mit stark gereffter Genua runden wir zur frühen Morgenstunde bei strahlendem Wetter und besten Bedingungen diese etwas gefürchtete Ecke.

Ich mag es gerne, wenn wir in fremden Ländern mit den dort lebenden Menschen in Kontakt kommen. Dass ich allerdings drei Wochen lang jeweils Montag und Donnerstag meine Zahnärztin besuche und wir beide fast traurig sind, als die Wurzelbehandlung abgeschlossen ist, das hätte ich nicht erwartet. So haben meine Zahnschmerzen auch ihre positiven Seiten gehabt und wir verabschieden uns wie gute Freundinnen.

An der Kaimauer der sogenannten "Marina" von Port Louis ist es nicht wirklich romantisch. Der dröhnende Lärm der großen Frachter, die ihre Ladung löschen, heulende Polizeisirenen und nächtliche Musikberieselung zehrt an den Nerven. Die Stadtnähe hat aber auch ihre guten Seiten. Der Markt ist gleich um die Ecke und bietet ein überreiches Angebot an Obst, Gemüse und wohlriechenden Gewürzen. Auf der Straße davor wird lautstark allerlei Billigware angeboten. In dem Gedränge habe ich eine Hand immer auf meiner Umhängetasche. Leute, die es wissen sollten, haben uns vor Langfingern gewarnt. Zum Mittagessen gehen wir gerne ins Restaurant neben der Windmühle gegenüber der modernen, touristischen "Caudan Waterfront". Kaum jemand verirrt sich hierher, die Bedienung ist freundlich und das Essen gut und relativ günstig.

Am späten Abend erreichen wir den Wegpunkt im Norden von Mauritius und ändern unseren Kurs nach Südwest. Nach 20 Meilen ankern wir um 02h30 südlich der Hafeneinfahrt von Port Louis. Lois gönnt sich ein paar Stunden Schlaf bis zum Morgengrauen, ich liege sowieso schon lange im Bett und beruhige meine tobende Backe mit Schmerztabletten.

Eine Seefahrt die ist lustig, heißt es... Heute kann ich nicht so recht daran glauben und bin froh, dass uns nur noch 60 Meilen von unserem Zielhafen auf Mauritius trennen. Die vorausgesagten guten Wetterbedingungen stimmen nur teilweise. Schon seit der vergangenen Nacht zieht immer wieder ein Squall durch und bringt Regen und stärkeren Wind. Mit gereffter Genua segeln wir über die Wellenberge, die regelmäßig an backbord und zwischen den Rümpfen anknallen und für eine Dusche im Cockpit oder einen Rumpler am Esstisch sorgen.

Das alles wäre noch zu verkraften, wenn ich nicht zusätzlich Zahnschmerzen bekommen hätte, wodurch eine Gesichtshälfte aussieht wie bei einem Hamster. Das Lachen fällt mir schwer und auch meine Pflichten an Bord kann ich nur sehr eingeschränkt erfüllen. Kapitän Alois hat mich in der Nacht dienstfrei gestellt und versucht tagsüber seinen Schlaf nachzuholen. Der erste Weg wird uns in Port Louis gleich zu einem Zahnarzt führen.

Windrichtung und Wellenbewegung sind sich am Indik nie einig. Noch 200 Meilen liegen vor uns bis Port Louis auf Mauritius. Das sollte bis Freitag Vormittag zu schaffen sein. Eigentlich haben wir ideale Segelbedingungen, würde nicht der Wind aus Ostsüdost mit den Wellen aus Süden so ein Durcheinander ergeben. Unsere Bewegungen an Bord wirken alles andere als elegant. Wir torkeln durch die Gegend wie betrunken und müssen uns mit einer Hand ständig festhalten. Beim Kochen lehne ich mich im breitbeinigen Seemannsstand fest gegen das Waschbecken und bin froh über unsere Antirutschmatten auf der Arbeitsfläche. Schlußendlich schmecken dann das Bratgemüse mit Haloumikäse, Petersilerdäpfel und grünem Salat ausgezeichnet. Gerne verzichten wir auf so manchen Luxus, aber nur im Notfall auf ein warmes Mittagessen.

Gestern haben "Minnie B" und "Sea Bunny" die Segel gesetzt, heute wollen Robert und Lori auf "Apogee" weiter nach Mauritius. Wir studieren eingehend alle Wetterprognosen. Der Wind ist für die kommenden Tage recht günstig, nimmt dann zu und bleibt stark für einige Zeit. Eigentlich haben wir für heute schon eine Wanderroute geplant, aber Pläne sind da, um geändert zu werden. Der Entschluss aufzubrechen hat sich in unseren Gedanken festgesetzt, also ist es Zeit, den Anker zu lichten.

Der Tourismus will nicht so recht anspringen auf Rodrigues, gerade deshalb gefällt es uns hier. Auf einem kleinen Strandabschnitt gibt es einige Hotels und Unterkünfte und das nette Restauraunt "Le Marlin Bleu" mit freundlicher Bedienung und köstlichem Essen. In Port Mathurin finden wir alles, was das Leben angenehm macht. Den Duft nach frischem Brot aus der Bäckerei riecht man schon von weitem und die zwei Brüder im "aux deux freres" kochen ausgezeichnet zu erstaunlich günstigen Preisen. Am Wochenende gibt es Jazz und Countrymusic im "Ti Piment Rouge", wo wir mit der ganzen Seglergruppe einen ziemlich lauten Abend verbringen.

Die Genua haben wir bereits auf Taschentuchgröße gerefft und sind auf den letzten Meilen bei idealem Wind aus Ostnordost immer noch mit fast 5 Knoten unterwegs. Schon kurz nach Mitternacht sind die ersten Lichter der Insel zu erkennen. Frühmorgens liegt Rodrigues vor uns und wir steuern durch die gut markierte Riffeinfahrt den Ankerplatz vor dem Haupthafen Mathurin an. "Sailing Vessel approaching Rodrigues, this is Port Authority", meldet sich das Funkgerät.

In der Nacht queren wir die Schifffahrtsroute von Südafrika zur Sundastrait. Zwei Wochen sehen wir kein anderes Boot weit und breit. Plötzlich ist unser Felix am Kartenplotter umringt von Schiffen, die AIS-Signale aussenden. Mit unserem passiven AIS-System können wir diese Daten nur empfangen. Wir sehen den Namen der Frachter, ihren Zielhafen und vor allem Kurs und Geschwindigkeit und wann sie mit welchem Abstand bei uns vorbeifahren. Einige male können wir Navigationslichter am Horizont erkennen. Ausnahmsweise müssen wir also richtig aufpassen und bei der Nachtwache regelmäßig einen konzentrierten Rundumblick machen. Mit 6-7 Knoten Geschwindigkeit steuern wir Rodrigues an, das nur noch 90 Meilen entfernt ist.

Seit Cocos Keeling haben wir 3 mal die Uhren zurückgestellt, von plus sechseinhalb Stunden UTC auf nur noch plus vier Stunden UTC. Auf dem Weg nach Westen geht die Sonne immer später auf und wir nähern uns langsam der mitteleuropäischen Zeitzone.

Die schwarzen Wolken haben sich schon in der Nacht verzogen. Auch der Wind ist eindeutig schwächer als vorhergesagt. Noch 250 Meilen liegen vor uns, bis wir endlich wieder durchschlafen können. Wir haben eine recht angenehme Zeit an Bord und leben gourmetmäßig mit leckeren Fischgerichten und Kokoskuchen. Trotzdem halten wir gespannt die Anzeige am GPS-Gerät im Auge, die nach der jeweiligen Geschwindigkeit die Fahrzeit bis zum Zielpunkt errechnet. Nicht über 48 Stunden sollte sie steigen, damit wir am Samstag gegen Mittag in Rodrigues einlaufen können. Stress haben wir keinen, einen Tag auf oder ab, was macht das schon? Mit unserer braven Genua tümpeln wir bei dem schwachen Lüftchen mit kaum vier Knoten dahin. Das geht sich bis Samstag nicht aus. Also beschließen wir, den Wassertank aufzufüllen. Um den Watermaker zu betreiben, brauchen wir mehr Strom, müssen daher den Motor starten und können gleichzeitig auch etwas Gas geben...

400 Meilen trennen uns noch von Rodrigues, Kurs 260 Grad. Der Wind ist wechselhaft zwischen zehn und dreißig Knoten und dreht von Süd-Ost auf Ost-Nord-Ost. Bei diesen achterlichen Verhältnissen, mal mehr von backbord dann wieder fast steuerbord, schlagen mit Groß und Genua ständig die Segel. Immer wieder beobachtet Lois die heranrollenden Wellenberge. Nein, es ist unmöglich auf den Mast zu klettern. Er will nicht riskieren, sich zu verletzen - obwohl, das Spifall würde er liebend gerne reparieren. Der kleine Spinnaker wäre die optimale Lösung. Weil es aber nicht geht, sosehr wir uns auch ärgern, läßt er sich eine Ersatzlösung einfallen. Nachdem wir das Groß geborgen haben, fixiert Lois die Genua mit einer Umlenkrolle und Seilen am Wantenspanner steuerbord. So fällt das Segel nicht dauernd ein, wodurch es wieder ewig braucht, bis es richtig im Wind steht. Heute holt er zusätzlich unsere Sturmfock aus dem jahrelangen Dornröschenschlaf und setzt sie an backbord. So entsteht ein behelfsmäßiger Schmetterling. Leider zieht nach wenigen Stunden eine dunkle Wolkenwand heran und das Sturmsegel darf einstweilen wieder weiterschlummern.

Nach Sonnenuntergang färbt sich der Himmel mit seinen Cumuluswolken in zartes Pastell, danach wird es stockdunkel. Millionen von Sternen erstrahlen über uns. In weitem Bogen erstreckt sich die Milchstrasse mit dem beeindruckenden Kreuz des Südens und gegenüber dem Sternzeichen des Schwans. Deneb, der hellste Stern davon, bildet mit Wega in der Leier und Atair im Adler ein markantes Dreieck. Ich freue mich, wenn ich einige Sterne erkenne, will daraus aber keine Wissenschaft machen. Lieber lasse ich den unglaublichen Augenblick auf mich wirken. Um Punkt neun Uhr ist gestern der Mond aufgegangen. Er hat drei Tage nach Vollmond schon wieder eine deutliche Delle und erscheint täglich um etwa eine Stunde später. In seinem hellen Licht können wir aber immer noch den Horizont und eine eventuell aufziehende Wolkenwand erkennen. Mit einem Schlag sind nur noch die hellsten Sterne sichtbar. Um drei Uhr morgens steigt mein guter alter Freund Orion im Osten auf, gemeinsam mit dem Aldebaran im Stier. Der alte Baron, wie ihn früher die Seefahrer genannt haben, funkelt rot, weil er angeblich ein Auge auf die Sieben Schwestern in seiner Nähe geworfen hat.

Bald hätten wir nicht mehr dran geglaubt, dass im Indischen Ozean außer fliegenden Fischen noch irgendetwas lebt. Tagelang schon ziehen wir Plastik-Köderfischlein in verschiedenen Farben und Größen an einer langen Schleppleine hinter uns her, ohne Erfolg. Ein frisch gebratener Fisch würde sich als Aufbesserrung zu unserem Speiseplan recht gut machen. Jetzt hätte sogar ich wieder Gusto darauf. Das heutige Mittagsmenü mit schwarzem Quinoa und Gemüsesauce soll zwar sehr gesund sein, löst bei Lois aber keine große Begeisterung aus. Das Geschirr ist gerade weggeräumt. Mit achterlichem Wind machen wir unter Genua um die 5 Knoten, sehr beschaulich. Da endlich zieht es gewaltig an der Angelschnur. Bald zeigt sich ein farbenprächtiger Fisch. Gelb schimmert der Mahi Mahi im Wasser und kämpft verbissen gegen sein Schiksal. Mit dem Netz befördert ihn Lois aufs Boot, verabreicht ihm den bewährten Schuss Schnaps - kurz und schmerzlos, das wars. Stolze viereinhalb Kilo bringt er auf die Waage. Für die nächsten Tage weiß ich, was ich koche.

Seit Tagen sehen wir rund um uns nur das endlose weite Meer. Felix schaukelt in den Wellen wie der sprichwörtliche Stecknadelkopf. Von Cocos Keeling sind wir gemeinsam mit einem zweiten Segelboot aufgebrochen. Norma und Phil aus Belfast sind jetzt auf ihrer Minnie B etwa vierzig Meilen nordöstlich von uns unterwegs nach Rodrigues. Täglich um 12 Uhr UTC meldet sich Phil über Kurzwelle auf 6227 kH in typisch britischer Korrektheit, um unsere Position, Kurs, Wetterinformationen und sonstige Erlebnisse auszutauschen. Manchmal melden sich auch noch andere Boote, die am Weg sind, zu diesem kleinen Indian Ocean Cruising Net. Das ist eine willkommene Abwechslung und gibt uns das Gefühl, wir sind nicht allein.

Der Vollmond ist gerade untergegangen und die Sonne schickt ihre ersten Strahlen, als ein kräftiger Juchazer über den weiten Ozean erschallt. Gemeinsam jodeln wir aus voller Kehle. Es kann uns ja zum Glück niemand hören. Seit unserer Abfahrt haben wir kein einziges Schiff gesehen, nur am Anfang drei AIS-Signale am Kartenplotter von Frachtern in mehr als 30 Meilen Entfernung. Wir haben die Hälfte der Überfahrt geschafft. 1000 Seemeilen seit Cocos Keeling liegen hinter uns, noch 1000 Meilen bis Rodrigues vor uns. Bergfest nennt man das unter Seglern, zumindest unter den wenigen aus Österreich.

Blauer Himmel und Sonnenschein, der Wind dreht auf Ost-Süd-Ost und wird schwächer. Fast achterlicher Wind, ideale Bedingungen fuer unseren kleinen Spinnaker - aber leider ist das Fall noch nicht repariert. Beachtlich hoher Schwell rollt von Süden heran, da möchte ich Lois lieber nicht hoch oben im Mast sehen. Wir drehen bei und machen die Reffs im Groß auf, setzen die Genua voll und richten den Kurs eben nach den aktuellen Bedingungen.
Nach dem Mittagessen starten wir für zehn Minuten den Motor und heizen den Boiler auf. Endlich ist es wieder ruhig genug, um eine Dusche auf der Badeplattform zu riskieren. Da die Temperaturen gar nicht mehr so sommerlich sind, je weiter wir nach Süden kommen, ist das warme Wasser echt herrlich. Und sollte mich jemand eine verweichlichte Warmduscherin nennen, damit kann ich leben.

061 warme Dusche

Rumpel die Pumpel steht im Logbuch unter Bemerkungen. Die Wellen brechen von backbord übers Boot und auch ins Cockpit. Dafür ist der Indik bekannt, dass Windrichtung und Strömung nicht übereinstimmen und eine unruhige See verursachen. Ich richte mein Segelgewand für die Nachtwache, möchte mich selbst motivieren, aber ich schaffe es nicht. Mein Kopf fährt Karussel und mein Magen verkrampft sich. Dankbar nehme ich das Angebot von Lois an, meinen Dienst zu übernehmen. Elf Stunden bleibe ich im Bett und treffe am nächsten Morgen auf einen ziemlich müden Kapitän. Mir geht es langsam besser, auch sind Wind und Wellen etwas ruhiger geworden. Wir genehmigen uns magenschonende Mahlzeiten und trinken Pfefferminztee statt Kaffee. Das Kochen ist zwar mühsam, macht aber wieder Spaß. Den Abwasch hinterher gebe ich gerne ab.

Ruppige Wellen, die sich immer wieder mit einem Schwall übers Boot ergießen, und Windspitzen bis 30 Knoten haben auch etwas Gutes. Unsere zurückgelegten Meilen in 24 Stunden, das sogenannte Etmal, hat sich deutlich gesteigert. 188 Meilen verkündet Lois begeistert heute Mittag. Ich bin nicht ganz so in Jubelstimmung. Obwohl wir schon einige Tage auf See sind, rebelliert mein Magen und ich fühle mich ziemlich schlapp. Laut Erfahrung sollte das aber bald besser werden.

Täglich holen wir uns den Wetterbericht über Kurzwelle. Laut diesen Gribfiles soll der Wind in den kommenden Tagen etwas stärker werden. Bereits nach neun Uhr abends zeigt der Windmesser 15 Knoten. Vorsichtshalber bergen wir den großen Spinnaker und setzen unseren kleinen Schwerwetterspi aus festerem Material. Beruhigt segeln wir in die mondhelle Nacht hinein. Um ein Uhr beginnt meine dreistündige Nachtschicht. Ich vertreibe mir die Zeit mit Sternderl schaun und Lesen, bis mir fast die Augen zufallen. Schließlich strecke ich mich auf der Cockpitbank aus und stelle die Eieruhr auf 15 Minuten für den regelmäßigen Rundblick. Alles frei, der Kurs passt, also genehmige ich mir nochmals ein Nickerchen. Plötzlich gibt der Autopilot Alarm. Ich stelle auf Handsteuerung und werfe einen Blick zum Segel - das allerdings verschwunden ist. Gähnende Leere am Vorschiff! Schließlich begreife ich, dass der Spinnaker im Wasser hängt. Mein Ruf lässt den Käpt´n von seinem Schlafplatz aufspringen. Das Spifall, mit dem das Segel am Mast befestigt war, ist gerissen. Warum, das bleibt noch zu klären. Gemeinsam ziehen wir das Tuch wieder zurück aufs Boot und verstauen es im Segelsack. In der Nacht liebe ich solche Aktionen besonders. Am heutigen Dienstag legt der Wind noch zu bis 25 Knoten. Mit zwei Reffs im Groß und leicht gereffter Genua ist Felix ziemlich bockig in den immer höher werdenden Wellen unterwegs. Mit der Ruhe an Bord ist es momentan jedenfalls vorbei.

Der kleine Tuna, der gestern Abend angebissen hat, beschert uns mit Petersilerdäpfel und Krautsalat zwei köstliche Mahlzeiten. Dankeschön! Beim Essen besuchen uns drei zierliche Tropikvögel, die um Felix herumflattern und sich zwischendurch auf der Jagd nach Fischen wie Pfeile ins Meer stürzen. Vor dem blauen Himmel mit kleinen Cumuluswolken sind sie schwer mit der Kamera einzufangen. Wo sich die kleinen Vögel weit weg von Land ausruhen, können wir nicht sagen. Wahrscheinlich treiben sie in den Wellen am dunkelblauen Meer. Unsere Reisegeschwindigkeit, immer noch mit Spinnaker, hat sich vom Fußgänger zum gemächlichen Radfahrer gesteigert. Etwa 250 Seemeilen haben wir seit Cocos Keeling zurückgelegt, bleiben noch 1750 Meilen bis Rodrigues. Wir schaukeln auf dem endlosen Ozean unter dem blauen Himmelszelt und genießen die Ruhe.

Romantisch verabschiedet sich die Sonne und färbt den Abendhimmel in zartes Orange. Der Halbmond steht bereits hoch über uns und leuchtet mit den Sternen um die Wette. Ausnahmsweise fahren wir mit dem Spinnaker in die Nacht hinein. Bis auch der Mond untergeht können wir die Konturen des großen Segels gut erkennen. Strahlend begrüßt uns die Sonne am heutigen Morgen. Bei sehr schwachem Wind von achtern setzen wir wieder den Spinnaker und stellen den Motor ab. Auf den Wirbel können wir gerne verzichten und angeblich soll der Wind heute etwas mehr werden. Wir haben keinen Zeitdruck und ziehen mit der Geschwindigkeit eines Fußgängers über die langgezogene Dünung. In einem guten Buch schmökern, kochen und essen, Kaffee trinken, ein kleines Nickerchen - ein rundherum entspannter Sonntag also.

Noch ein Abend am Strand mit Lagerfeuer und immer neuen Segelfreunden, eine letzte, lange, ungestörte Nacht, ein gutes Frühstück und schon sind wir bereit für die große Überfahrt. 2000 Seemeilen bis Rodrigues liegen vor uns. Bei leichtem Ostwind und westlichem Kurs setzen wir den Spinnaker und lassen den Dingen gemächlich ihren Lauf. Wir freuen uns auf zwei Wochen mit nichts als dem tiefblauen Ozean um uns herum.

Früher als ursprünglich geplant klarieren wir aus von Cocos Keeling. Am Samstag werden wir den Anker lichten. Wenn wir auch auf Rodrigues, Mauritius und Reunion, den Inseln mit den wohlklingenden Namen auf unserem Weg nach Südafrika, noch einige Zeit verbringen wollen, müssen wir wohl oder übel weiterziehen.

Ein Atoll wie Cocos Keeling liegt leider nicht mehr auf dem Weg. Schnorcheln in glasklarem Wasser, auf unberührtem Sandstrand unter Palmen spazieren und mit dem Kanu durch die Lagune paddeln - so schlecht waren die vergangenen 4 Wochen nicht. Der Abschied fällt uns aber nicht gar zu schwer, da täglich neue Segler auf Direction Island ankommen und der beste Ankerplatz ausgerechnet rund um Felix zu sein scheint. Mit der großen Ruhe ist es vorbei - den morgendlichen Köpfler und die textilfreie Runde ums Boot lassen wir uns trotzdem nicht nehmen.

Von unserem Ankerplatz aus, umgeben von glasklarem Wasser, sehen wir nur eine dicht mit Palmen bewachsene Insel mit weißem Sandstrand und hören die ständig tosende Brandung am Riff. Wer hätte vor einigen Jahren daran gedacht, auf diesem abgelegenen Atoll im Indischen Ozean Bankgeschäfte abzuwickeln oder sich am Finanzamt einzuloggen. Heute ist es möglich. Gegen eine etwas höhere Gebühr können wir jederzeit ins World-Wide-Web einsteigen und alle Informationen aktuell abrufen. Was für ein Luxus!

Zur Begrüßung beäugt eine Gruppe Schwarzspitzenriffhaie unseren Felix. Später gesellt sich noch ein großer schwarzer Schatten dazu, den wir als riesigen Barracuda identifizieren. Das hält uns aber nicht ab von der morgendlichen Schwimmrunde ums Boot. Die "friendly sharks", wie sie von den Leuten hier genannt werden, interessieren sich nicht für uns und "Barri" versuchen wir zu ignorieren. Durch den ständigen starken Wind mit 20 Knoten und mehr ist der Ankerplatz vor Direction Island nicht ganz ruhig und das Schwimmen im Wellenbad eine sportliche Herausforderung. Aber die Wassertemperatur ist traumhaft und auch die Luft ist auf 12° Süd endlich etwas kühler.

Nach dem Frühstück rufe ich auf UKW Kanal 20 die Cocos Keeling Police. Wir haben noch etwa 9 Meilen und müssen unsere Ankunft melden. Die flachen Palmeninseln können wir schon länger sehen. Das Tiefblau des weiten Ozeans verfärbt sich mit einem Schlag in glasklares Türkis unterbrochen von dunklen Korallenblöcken. Die Einfahrt zum Ankerplatz in der kleinen Lagune von Direction Island ist gut markiert, trotzdem stehe ich am Bug und halte Ausschau. Der Anker fällt in einer fast unwirklichen Umgebung - Palmen, Brandung am Riff, eine Wasserfarbe, die wir schon lange vermisst haben und jede Menge Schwarzspitzenriffhaie als Begrüßungskomitee.

"Cocos Police, this is Sailing Vessel Felix. We are on anchor at Direction Island", melde ich mich nochmals über Funk. Bis die Einklarierungsbeamten zu uns kommen, müssen wir an Bord bleiben. Wir sind sehr gespannt, wie streng auf diesem zu Australien gehörenden Atoll die Quarantänevorschriften sind und wie genau das Boot begutachtet wird. Schließlich kommt ein einziger Beamter an Bord. Unglaublich nett und formlos stempelt er unsere Pässe ab, macht einen kurzen Rundgang und gibt uns ein Infoblatt und den Fährplan von Cocos. Erledigt! Wenn wir noch Fragen haben, sollen wir anfunken oder vorbeikommen.

Die Tage plaetschern dahin wie die Wellen um uns. Auf und ab tanzt unser Heim auf dem weiten Ozean. Genauso schwanken auch die Ereignisse an Bord. Zu frueh gefreut haben wir uns gestern ueber unseren braven Parasailor. Ich denke der Kurs passt nicht, als am Abend ploetzlich das Segel einfaellt und versuche schnell zu korrigieren. Doch es hilft nichts. Bei relativ wenig Wind ist das gute Stueck einfach zerrissen. Materialermuedung nach vielen Stunden unter tropischer Sonne lautet die Diagnose. Der Parasailor hat uns lange Zeit verlaessliche Dienste geleistet, jetzt werden wir ihn aber nicht mehr reparieren.

Als Ersatz weht zum ersten mal unser neuer kleiner Spinnaker stolz im Wind. Dieses Schwerwettersegel aus festerem Stoff haben wir genau deshalb in Thailand machen lassen. Nur noch knappe 80 Meilen sind wir von Cocos Keeling entfernt. Ueber Nacht werden wir etwas bremsen muessen, damit wir morgen Frueh bei gutem Licht in die Lagune einlaufen koennen.

Die Sonne verschwindet hinter einem Berg Cumuluswolken. Zur Jause lassen wir uns einen bunten Salat mit Butterbrot schmecken. Danach erledigt Lois noch ueber Funk die taegliche Positionsmeldung zusammen mit meinem kurzen Bericht und legt sich im Salon fuer einige Stunden nieder. Ich sitze mit einem Buch am Steuer, lasse regelmaessig den Blick ueber den Horizont gleiten und kontrolliere Windanzeige und Segel. Im hellen Mondlicht ist unser alter Parasailor gut zu erkennen. Noch immer ist er auf Vorwindkurs bei 15-20 Knoten Wind die beste Wahl.

Ein sonderbares Kraechzen und Fluegelschlagen laesst mich aufschauen. Ein weisser Toelpel landet auf der Reling, schaukelt vor und zurueck, rutscht bis zur naechsten Stuetze, wo er einigermassen Halt findet. Kurz darauf rollt er seinen Kopf ein und beschliesst, mit uns durch die Nacht zu fahren. Bei Sonnenaufgang verabschiedet er sich wieder und hinterlaesst zum Dank ein besch.... Deck.

Im Dreistundentakt wechseln unsere Wachen. Der Rhythmus hat sich in den langen Jahren gut bewaehrt. Von eins bis vier Uhr in der Nacht habe ich Schicht. Der Mond geht gerade unter. Ich kontrolliere am Kartenplotter unseren Kurs und will wieder raus ins Cockpit, als mich ein glitschiges Ding an der Hand streift. Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Was war das denn... Mit einer Taschenlampe komme ich dem Raetsel schnell auf die Spur. Schuppen kleben auf meinem Unterarm, vom Taeter ist allerdings nichts mehr zu sehen. Ein Fliegender Fisch ist durchs Cockpit geschossen und hat es bis zum rechten Rumpf geschafft, wo wir ihn am Morgen finden.

Mehr Freude bereitet uns ein Gelbflossenthunfisch, der an unsere Angel geht. Viele Stunden schon versucht Lois sein Glueck, schon glauben wir nicht mehr an eine gute Fischmahlzeit. Auf den Fang machen uns ein paar Toelpel aufmerksam, die neugierig um unseren Koeder kreisen. Das kleine Fischlein hat nicht einmal richtig an der Schnur gezogen, reicht aber trotzdem fuer zwei leckere Steaks.

Wir sind unterwegs am Indischen Ozean - nach drei Jahren Inselhuepfen in Thailand und Malaysien liegt wieder die große Weite eines Ozeans vor uns. 590 Meilen trennen Java und das Atoll Cocos Keeling. Mit gerefftem Großsegel und Genua tanzt Felix ueber die Wellen. Der Suedostpassat blaest mit bis zu 20 Knoten. Bei einem Kurs von 236 Grad sind wir mit 8-9 Knoten Geschwindigkeit sehr zufrieden.
Das heutige Mittagessen habe ich zur Sicherheit gestern schon vorbereitet. Am ersten Tag auf hoher See schmeckt auch ein aufgewaermtes Gemuesecurry wunderbar. Mir geht es aber erstaunlich gut, bis jetzt keine Spur von Seekrankheit...

Vorratskörbe, Kühlbox und Bilge von Felix sind gefüllt mit Lebensmitteln. Wir wollen einige Zeit auf Cocos Keeling verbringen und nützen daher das reichhaltige Angebot in Jakarta. Am Montag klarieren wir aus von Indonesien, was sich beinahe zu einem Kabarett entwickelt. Die Beamten sind ja sehr nett, aber nicht die Schnellsten und teilweise ziemlich ratlos. Nach einer zweistündigen Irrfahrt mit dem Taxi finden wir sogar das richtige Immigrationsbüro im Hafen Tanjung Priok und haben schließlich wirklich alle Papiere mit Stempel in Händen.

Wien - Amsterdam - Kuala Lumpur - Jakarta...22 Stunden inklusive Zwischenstopps dauert unser Flug von Österreich nach Indonesien. Am Dienstag Vormittag sperren wir daheim die Haustüre zu und schon am Mittwoch um 19 Uhr klettern wir an Bord von Felix. In Äquatornähe ist es bereits seit 1 Stunde finster. Trotzdem erkennen wir, wie erfreulich sauber unser Boot nach den fast vier Monaten in der Großstadt Jakarta ist. Wir haben Putu, den Marinamanager, gebeten, einen Putztrupp zu organisieren. Dieser Luxus ist in Indonesien leicht erschwinglich. Für umgerechnet 53,-€ würden in Österreich sicher nicht drei Männer drei Tage lang arbeiten.

Allen Freunden, Verwandten und Bekannten rund um den Globus wünschen wir

FROHE OSTERN UND
EIN GEMÜTLICHES EIERPECKEN IN GESELLIGER RUNDE!

Alois und Sonja

Aprilwetter in Österreich mit Sturm, Regen und Schneegestöber, schwarzen Wolken und zwischendurch ein paar Sonnenstrahlen - halb so schlimm.

Ich ordne die Fotos der vergangenen Monate, durchlebe noch einmal die herrlichen und auch die etwas nervigen Eindrücke von Phuket in Thailand bis Penang in Malaysien, die Malakkastraße nach Süden bis Singapur und weiter durch die ruhige indonesische Inselwelt bis zur Ankunft in Jakarta, der Hauptstadt auf Java.

Eine Auswahl der vielen Bilder findet ihr in der Bildergalerie - viel Freude damit!

Eine Woche in Jakarta ist genug. Felix ist stillgelegt und aufgeräumt, morgen fliegen wir für einige Wochen heim. An verschiedenen Orten unserer Reise haben wir uns gefragt, ob wir dort leben könnten. In der Millionenstadt Jakarta sicher nicht!

Entlang der Westküste von Belitung suchen wir uns noch zwei ruhige Ankerplätze. Das Wasser ist grundsätzlich kaum tiefer als 5 Meter, sodass wir uns sehr vorsichtig an die kleinen, vorgelagerten Inseln herantasten. Ausgedehnte Mangrovengürtel und zahlreiche Fischfallen trennen uns vom Ufer. Bei einem Gläschen Kokosmilch verfolgen wir, wie die Sonne malerisch versinkt, gehen bald ins Bett und sind um halb vier Uhr schon wieder auf den Beinen. 180 Meilen liegen vor uns bis Jakarta. Wir wollen sicher gehen, nicht wieder in der Nacht anzukommen.

Stockdunkel - kein Mond, keine Sterne, es ist 22 Uhr, als wir nach 209 Meilen seit dem letzten Stopp in Belitung ankommen. Eigentlich sollten wir wissen, dass es nicht ratsam ist, in der Nacht in einem fremden Gebiet zu ankern. Wir versuchen es trotzdem und nähern uns vorsichtig dem Leuchtturm im Nordwesten der Insel. Die elektronische Seekarte zeigt eine günstige Stelle, wo wir die Nacht verbringen wollen. Bei 10 Metern Wassertiefe ankern wir, ich lasse die Kette rausrasseln, plötzlich meldet sich der Tiefenalarm - 2 Meter, 1,5 Meter. Schnell Anker auf! Auf unserem Track versuchen wir, vom Leuchtturm wegzukommen, der schemenhaft in der Dunkelheit vor uns steht. Piep, piep, Alarm! Durch die Strömung ist es schwer, den Weg, den wir gekommen sind, wieder zurückzufinden. Endlich sind wir in tiefem Wasser und der Pulsschlag beruhigt sich langsam. Nochmal Glück gehabt!

Zwei Nächte ankern wir auf einer kleinen, unbewohnten Insel - Palmen, Sandstrand, das Rauschen der Brandung am Riff. Auch das Wasser ist endlich wieder blau. Pulau Candur heißt dieses hübsche Fleckchen, das beinahe Südseestimmung aufkommen läßt. Vollbeladen mit frischen Kokosnüssen segeln wir weiter.

Nach sechs Meilen beobachten wir gespannt die Koordinatenangabe am GPS. Wir zählen die Kommastellen runter, bei 00°00´00 Nord 104°43´6 Ost springt die Anzeige um auf Süd. Zum dritten mal überqueren wir den Äquator und befinden uns nach dreieinhalb Jahren wieder auf der Südhalbkugel. Das wird gefeiert mit einem Kokosmilch-Cocktail und einem Stamperl Rum für Neptun.

Mit gereffter Genua segeln wir durch die Massen von Frachtschiffen vor Singapur. Viele liegen vor Anker, einige fahren - wir sind auf der Hut und wollen uns nicht mit den dicken Pötten anlegen. Unangenehmer Dunst und Gestank liegt in der Luft und zusätzlich sorgen Düsenjets mit ihren Übungsflügen für Höllenlärm. Schließlich kreuzen wir die Schiffahrtsroute im rechten Winkel und befinden uns bald in indonesichen Gewässern.

Der Kontrast könnte nicht größer sein. Schon nach wenigen Meilen segeln wir durch eine ruhige Inselwelt, wo uns freundliche Fischer neugierig zuwinken. Wir fühlen uns in eine andere Welt versetzt. Einfache Dörfer auf Palmeninseln und weite Mangrovengebiete sind eine Augenweide und tun unheimlich gut nach der Anspannung der vergangenen Tage. Die zahlreichen Inseln auf dem Weg nach Süden bieten viele Ankermöglichkeiten und Schutz vor dem derzeit kräftigen Wind aus nördlicher Richtung. Die Bedingungen sind für uns ideal. Wenn wir auch häufig Gegenströmung von mehr als zwei Knoten haben, kommen wir doch flott voran.

Kaum sind wir von Penang aufgebrochen, stehen wir schon wieder. Besser gesagt, wir hängen in einem Fischernetz. Zwar sehen wir die Markierungen, denken aber, die Stehnetze sind so tief angebracht, dass wir leicht drüber kommen. Dieses leider nicht! Beide Triebe verfangen sich und Felix sitzt fest. Trotz Strömung gelingt es Lois nach längerem Kampf, mit dem Mooringhaken die Leinen zu lockern - wir sind wieder frei! Um solchen unliebsamen Zwischenfällen möglichst zu entgehen, wollen wir knapp neben der Schifffahrtsroute für die großen Frachter entlangfahren, also ziemlich weit weg von der malaysischen Küste. Womöglich werden wir Non Stop durchfahren und erst vor Singapur ankern.

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